Ist Affe ein Beruf?

Sicher ist das kein Beruf, mit dem man Geld verdienen kann. Vielleicht ist es eher eine Berufung. Aber zu sagen: „Ja, ich mache mich gern zum Affen.“ ist sicherlich auch nichts, mit dem man Eindruck hinterlässt. Wer Kinder hat, kennt das sicherlich: man erwischt sich dabei, Dinge zu tun, die man nie für möglich gehalten hätte. Und man entdeckt, was Kinder so tun, bzw. was sie alles nicht tun, wenn man sie machen lässt. Jonathan ist da ein gutes Beispiel.
 
Schon mit nicht einmal drei Jahren hat Jonathan auf die Aufforderung, sein chaotisches Kinderzimmer aufzuräumen, reagiert, indem er zwei kleine Autos in die Hände genommen hat, um dann zu sagen: “Ich kann nicht, ich habe keine Hand frei.“ Irgendwie nicht blöd, aber auch nichts, womit man auf dem Spielplatz angeben könnte: „Jonathan schont seine körperlichen Ressourcen jetzt schon und beugt einem Burnout vor, indem er stets andere für sich arbeiten lässt.“
Nur kurze Zeit danach hat er im Urlaub an der Ostsee mit seinem Kumpel Fridolin auf der Strandpromenade Kurkarten-Kontrolle gespielt. Da wir in Deutschland leben, gab es natürlich auch die militanten schlechtgelaunten Rentner, die sich nicht zu schade waren, die beiden kleinen Hüpfer lautstark voll zu texten mit: „ Wenn ich hier auf der Promenade spazieren gehe, brauche ich keine Kurkarte. Die brauche ich nur am Strand!“ Trotz nicht vorhandener Amtsautorität haben die beiden das ebenso lautstark beantwortet mit: “Kuuurkaaarten-Kontrollllle!“. Freundlichere Senioren haben den beiden Geld zugesteckt. Pädagogischer Effekt: Man muss nur ein paar Leute volltexten und ansonsten nichts tun, dann bekommt man Geld fürs nächste Eis.
 
Die Steigerung dazu gab es in diesem Sommer. Da haben die beiden Musik über einen MP3-Player abgespielt und dazu, na sagen wir mal, getanzt. In einer Stunde kamen 15 Euro zusammen. Davon mehr als die Hälfte, als nur noch die Musik dudelte und keiner der beiden mehr tanzte. Nebenan im Imbiss dudelt auch Musik – NDR1-Welle Nord mit so Krachern wie „Ruf Teddybär 14“ von Johnny Hill oder „Santa Maria“ von Roland Kaiser. Aber wenn man dort Geld abgibt, bekommt man dafür wenigstens eine Bratwurst. Fünf Meter weiter rechts gibt es auch Musik, man gibt den Jungs Geld und bekommt: nichts. Pädagogischer Effekt: Keiner.
 
Zum Thema „andere für sich arbeiten lassen“ ein weiterer Fall, zu dem ich in gewohnter Weise etwas weiter ausholen muss: Jonathan wollte schwimmen lernen. Leider war es ausgeschlossen, dass er bei uns nebenan in einer Schwimmhalle so wie jedes normale Kind an einem Kurs teilnimmt, bei dem die Eltern nicht dabei sind. Als Alternative haben wir einen Kurs in einem kleinen Ort in der Nähe gefunden. Dort durften die Eltern am Anfang des Kurses sogar mit ins Becken. Er fand statt in einer privaten Schwimmschule in einer Villa mit ca. 300qm plus einem 10-Meter-Schwimbecken und zwei Umkleidekabinen. Warum es in einer privaten Villa zwei recht große Umkleidekabinen gibt, erklärte sich recht schnell: Die Villa wurde ursprünglich als Swingerclub genutzt. Daher auch die Disco-Kugel über dem Schwimmbecken, die zu Jonathans Leidwesen nie angeschaltet wurde. Was hier früher mal stattgefunden hat, bevor der Swingerclub zum Swimmerclub mutierte, möchte ich im Detail gar nicht wissen: Kopfkino aus, sagt ein Freund bei so was immer.
 
Eines Tages musste Jonathan während des Schwimmkurses dringend auf Toilette. Er war, wie soll ich sagen, geschäftlich ganz groß tätig und diese Tätigkeit blieb nicht folgenlos. Kein Problem: Mit einer Klobürste wollte ich die Folgen schnell beseitigen. Wenn es denn eine gegeben hätte... Also sah ich mich kurz danach auf Knien rutschend, mit Klopapier das Klobecken in einem ehemaligen Swingerclub putzen. Bis heute werte ich das als meinen beruflichen Tiefpunkt. Es gab auch eine Reihe beruflicher Höhepunkte, bei denen mir mehrere Hundert Menschen applaudiert haben. Dieser Moment blieb zum Glück ohne Publikum.
 
Weitere Momente, in denen Jonathan anderen nur zusah und er selbst nichts machte, gab es bei einem Musikkurs. 10 Eltern und 9 Kinder rannten fröhlich singend im Kreis. Einer sah zu: Jonathan. Alle anderen Kinder suchten sich Instrumente aus, sangen, machten Krach und hatten Spaß. Einer saß dabei und guckte: Jonathan.
 
Auf der Rückfahrt im Auto sang Jonathan dann textsicher alle Lieder aus dem Kurs und er erzählt weiterhin gerne, wie lustig sein Papa mit bunten Tüchern im Kreis gelaufen ist. Wieder ein Beispiel, dass Affe kein Beruf ist, denn für diese Variante, sich zum Affen zu machen, haben wir auch noch bezahlt und nichts bekommen. Aber was tut man nicht alles.
 
Dass ich beim ach so lustigen im Kreis tanzen und singen der einzige Mann war, ist leider nicht verwunderlich. Einige würden sagen: Du warst der Hahn im Korb. Aber auf den Korb hätte ich sehr gern verzichtet.
 
Ich weiß: Ich bin nur einer unter vielen Affen. Was war Deine schlimmste Affengeschichte? Ich freue mich, wenn Du was in den Kommentar schreibst.
 
Ansonsten wünsche ich allen Lesern und Mit-Affen ein tolles neues Jahr und ein Silvester mit viel Spaß, leckerem Essen und vielleicht dem einen oder anderen Kaltgetränk!
 

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Kommentare: 2
  • #1

    Nachbarschaftsvater (Samstag, 30 Dezember 2017 18:24)

    Immer wieder eine Freude an diesen Erfahrungsberichten teilzuhaben und ein perfekter Jahresabschluss. Über die Kreisaktivitäten mit den bunten Tüchern müsste aber noch einmal gesprochen werden. Guten Rutsch!

  • #2

    Philip Stahl (Samstag, 30 Dezember 2017 18:25)

    Danke! Ebenso!