Kinder sind wie Zigarettenautomaten

Das klingt zunächst wie eine blödsinnige und austauschbare Überschrift. Aber ich kann alles erklären. Gemeint ist, dass bei Kindern meiner Meinung nach nur etwas heraus kommt, wenn man oben etwas reinsteckt. Nein, damit meine ich nicht die Verdauung... Vielmehr war ich bis zu Jonathans Geburt davon überzeugt, dass das Verhalten von Kindern immer eins-zu-eins das Ergebnis des Verhaltens der Eltern ist. Das sehe ich heute, nach über sechs Jahren, ein wenig differenzierter. Natürlich spiegeln Kinder ihre Eltern und zeigen Verhaltensweisen und nutzen Formulierungen, die sie von ihren Eltern übernehmen. Aber es gibt dabei auch immer wieder Überraschungen.

 

Dazu ein Beispiel: Wir waren es leid, Jonathan beim Windelwechseln die nach dreimal Hören recht schrecklichen Kinder-CDs mit Kinderliedern vorzuspielen und haben uns für die in unserem Haushalt vorrätigen Kölner Karnevals-CDs und andere CDs entschieden. Ähnlich wie die Kinder-CDs haben die Stücke einen eingängigen Rhythmus, leicht merkbare Melodien und sind irgendwie lustiger, als so Smash-Hits wie Aramsamsam-Aramsamsam-O-Gulli-Gulli-Gulli-Ramsamsam. OK, es waren dann auch mal Lieder dabei wie „Eisgekühlter Bommerlunder“ und „Ich bin der König von Mallorca“. Leider haben wir den Zeitpunkt verpasst, an dem Jonathan angefangen hat, sich Dinge zu merken und zu wiederholen. Ergebnis: Die milde lächelnden älteren Damen auf dem Wochenmarkt, die den kleinen Jonathan immer sooo niedlich fanden, guckten etwas irritiert, als er mit dem Lauflernwagen an ihren Rollatoren vorbei bretterte und dabei sang: „Eisgekühlter Bommerlunder!“.

 

Aufgrund dieses Erlebnisses hat mich dann ein anderes Erlebnis zum Nachdenken gebracht. Jonathan hat sich lange Zeit zwar gern mit Kindergarten-Freundinnen und -Freunden verabredet. Aber es war ausgeschlossen, dass er dort alleine hingeht. Also musste ich mit. An einem Nachmittag war er bei einer ein Jahr älteren Kindergarten-Freundin, mit der er sonst im Kindergarten alterstypisch gespielt hat, wie es vier- und fünfjährige Kinder so tun. Ich ging notgedrungen mit ihm zusammen mit in ihr Zimmer. Sie zog die Gardinen zu, zog sich komplett aus und schrie: „Nacktparty!!!“. Jonathan blieb bekleidet und mich beschäftigen seither folgende Gedanken: 1. In ca. 15 Jahren bin ich bei ähnlichen Ereignissen sicher nicht mehr dabei. 2. Wenn Kinder ihre Eltern spiegeln, was passiert hier sonst so? 3. Bringt das Wort „Nacktparty!!!“ meinen Blog bei Google nach oben oder bekomme ich jetzt ab morgen komische Shoppingangebote?

 

Inzwischen ist Jonathan sechs, geht alleine zu Schulfreunden und singt immer noch komische Lieder. Die gibt er auch gern weiter und wir haben schon öfter den Satz gehört: „Ach da hat unser Sohn das Lied her...“ OK, da Kinder ihre Eltern spiegeln, denken jetzt einige Mit-Eltern, wir würden den ganzen Tag Jürgen Drews hören. Dem ist nicht so. Leider ist die entsprechende CD schon lange in den Bestand von Jonathan gewandert, so dass er mit schlimmer Musik immer wieder Besucher bei uns erfreut. Manchmal kommt aus Zigarettenautomaten eben doch etwas ganz anderes raus, als man erwartet. Aber besser, man verbindet uns mit einem zweifelhaften Musikgeschmack, als mit Nacktparties.

 

Einen schönen Wochenstart für alle!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Nachbarschaftsvater (Donnerstag, 14 Dezember 2017 19:38)

    Der bisher beste Beitrag!! Aramsamsam-Aramsamsam-O-Gulli-Gulli-Gulli-Ramsamsam steht bei uns mittlerweile auf dem Familien Index...

  • #2

    Philip (Donnerstag, 14 Dezember 2017)

    Leider gehören Titel vom Familienindex oft zu den greatest-gegrölten Hits. Toi toi toi, dass die Musikauswahl bei Euch nicht nur kindgesteuert ist. Schönen Abend!